Sie sollte zu einer Vereinfachung der Rechtschreibung beitragen, der Effekt war aber die maximale Verunsicherung: Unterschiedliche verlagseigene Hausorthographien waren die Folge und der Duden belegte fortan Spitzenplätze auf Bestsellerlisten. Heute sind die Rechtschreibkenntnisse der deutschen Schüler so schlecht wie noch nie seit Einführung der Erhebungen.
Nach einem zehnjährigen »Reformationskrieg« trat am ersten August die dritte Fassung der Rechtschreibreform in Kraft. Zuvor kehrte zwei Jahre nach der Einführung 1996 Schleswig-Holstein wieder zur bewährten Rechtschreibung zurück. Bekannte Verlage und Zeitungen, wie der Springer-Verlag, der Rheinische Merkur, die Süddeutsche Zeitung und Der Spiegel, folgten im Jahr 2004.
Die Sprache und das allgemeine Sprachgefühl ändern sich, dem hat auch das Regelwerk Rechnung zu tragen. Einige Sonderregeln, die sich viele nicht mehr auf Anhieb selbst herleiten konnten, wurden durch die Reform aufgehoben. Aber die Reform krankte auch daran, daß sich anscheinend einige Linguisten auf Kosten der Allgemeinheit selbst ein Denkmal setzen wollten. Es war von Anfang an auch ein politisches Projekt, das die Schreib- und Lesegewohnheiten der Mehrheit nicht berücksichtigte.
2006 wurden die schlimmsten Zumutungen wieder einkassiert. Dazu gehörte vor allem die »getrennt Schreibung«, die den Lesefluß stark beeinträchtigt und auch sinnentstellend sein kann. Für mich als Lehrer ist es ein Unterschied, ob ein Schüler sitzenbleibt oder ob er einfach den Pausengong nicht gehört hat und auf seinem Platz sitzen geblieben ist.
2011 verschwanden Eindeutschungen wie »Grislibär« und »Schikoree« wieder aus dem Wörterbuch, 2016 »Ketschup« (warum nicht gleich »Kätschap«?) und »Majonäse«. Die ständigen nachträglichen Änderungen trugen ihren Teil dazu bei, daß heute viele immer noch unsicher sind, wie man bestimmte Dinge korrekt zu schreiben hat.
Für mich steht aber fest: Der Kuß bleibt!