Die Konvergenz der Krisen

Durch die Bundesparteitage in Magdeburg, die die Thüringer Sommerferien zerschnitten, war die diesjährige Erholungszeit nicht übermäßig reichlich bemessen. Auch die üblicherweise recht umfangreiche Sommerzeitlektüre war reduziert, aber dennoch interessant. So stand beispielsweise die Anthologie »Die Konvergenz der Krisen« von Benedikt Kaiser auf dem Programm.

Der Autor ist einer der wirkmächtigsten jungen Stichwortgeber der Volksopposition. Mit seinem Buch »Solidarischer Patriotismus« strich er die Bedeutung der sozialen Frage für das 21. Jahrhundert heraus und beantwortete sie von rechts. Der »Solidarische Patriotismus« ist ein Leitbegriff des »Thüringer Weges« der AfD geworden. Mit dem Begriff der »Mosaikrechten« schuf er ein Bild, das die Notwendigkeit einer abgestimmten Aufgabenteilung, also das Leben von oppositioneller Vielfalt in Einheit, in das Bewußtsein weiter patriotischer Kreise trug.

Er gehört zu jener Generation junger Intellektueller, die bereit sind über Jahrzehnte tradierte Bewertungsmaßstäbe zu hinterfragen und eine geistige Offenheit leben, die linken Autoren der Gegenwart weltenfern gerückt ist, weil selbige als Teil des Establishments geistig erlahmt und gegen Herausforderer nur mehr in der Lage sind, sich zu verpanzern.
Daher bringt uns der Autor nicht lediglich die Säulenheiligen rechten Denkens nah, sondern schult sich auch an den linken Klassikern und ermuntert uns selbiges zu tun, auch wenn er zu den Kernanliegen der Linken eine klare Trennlinie zieht.
»Es gibt kein richtiges Leben im falschen. « Diese Aussage von Theodor W. Adorno fasziniert in ihrer Entschlossenheit junge Idealisten, ist aber kritisch zu sehen, weil sie einen ideologischen Absolutheitsanspruch transportiert und letztlich auch als Aufruf zur inneren Emigration verstanden werden könnte. Dagegen gilt es nach Kaiser ein »experimentelles Leben« zu führen, das – hier verweist er auf Alain de Benoist – die Schaffung von Inseln der Alternativität inmitten des Meeres des Niedergangs zum Ziel haben sollte. Kaiser führt in diesem Zusammenhang aus:
»Wer selbst im Kleinen jene Veränderungen durchexerziert (Nahziele), die er im Großen für den Staat erhofft (Fernziel), dabei realistisch ob der eigenen Chancen und des Risikos des Scheiterns bleibt, der kann sowohl den Staat auf den Prüfstand stellen als auch erste Vorstellungen des eigenen Anspruchs ›Es geht ganz anders‹ als Gegenbild zum falschen Ganzen präsentieren, ohne vor diesem auf die Knie zu gehen.« (S. 145)

Benedikt Kaiser verbindet immer wieder Tiefgründigkeit mit Pragmatismus, was die Lektüre seiner Texte besonders für den Dissidenten, gleich in welchem Bereich des Mosaiks er tätig ist, wertvoll macht.
Im Aufsatz »Die Besiegten von 1990« skizziert er das Verlorengehen des »Ursprungsvertrauens, das die Ostdeutschen in die Kompetenz des Westens besaßen« (Thorsten Hinz). Er führt zu diesem Entfremdungsprozeß aus: »Das, was eine Mehrheit ›positiv‹ mit dem alten Ostdeutschland verbindet (soziale und innere Sicherheit, Solidarität unter Gleichen, die ›Vertrautheits- und Nahbeziehungsgemeinschaft‹, wie Mau es formulierte), ging verloren. Das, was eine Mehrheit ›negativ‹ mit dem alten Ostdeutschland verbindet (Stasi, Überwachung, Trennung in öffentlich und privat artikulierte Meinung etc.) feiert unter westdeutsch-bundesrepublikanischer Hegemonie der linksliberalen politischen Korrektheit seine Wiederauferstehung.« (S. 77/78)
Das Restdeutsche, das sich im Osten erhalten hat, lädt sich antithetisch am bunten Westen auf und legiert sich in fernerer Zukunft zu einer neudeutschen, im besten Fall gesamtdeutschen Identität – so könnte die Entwicklung vielleicht verlaufen. Daß wir es im Osten mit einer immer stärker werdenden Regionalidentität zu tun haben, wird für die Volkspartei des Ostens, die AfD, nach 2019 auch im Landtagswahlkampf 2024 zentrale Bedeutung erlangen!

Besonders gut gefallen hat mir der Aufsatz »Der Staat auf dem Prüfstand- Ein Plädoyer – neun Thesen«. Hier nimmt er die aufgeblähte, träge, usurpierte, übergriffige Verfallsform des Staates kritisch in den Blick, um die Umrisse eines Idealstaates hintergründig aufscheinen zu lassen. In der Folge verteidigt er den »Sündenfall Staat« gegen libertäre und marxistische Angriffe und ordnet den Gegensatz von Staat und Markt als einen ahistorischen ein.

Trotz seiner wenig erfreulichen, aber realistischen Lageanalyse bleibt Benedikt Kaiser optimistisch. Zum Ende führt er aus, warum er sein Buch »Die Konvergenz der Krisen« und nicht »Die Konvergenz der Katastrophen« genannt hat: »Denn eine Krise ist wie alle menschengemachte Geschichte: kontingent, ergebnisoffen. Nicht zuletzt wächst in der Krise die Chance auf Beeinflussung der Lage.« (S. 262). Und erst in der ‚Krise der Autorität‘ (Antonio Gramsci) zerbricht der gesellschaftliche Konsens, auf dem die Herrschaft der Eliten fußt. Ab diesem Zeitpunkt führt sie nicht mehr, sondern herrscht nur noch.
Die Entfremdung großer Bevölkerungsteile vom vorgegebenen Konsens ist offenkundig im Gang. Nach der Entfremdung kommt die Abwendung, dann die Suche und schließlich die Zuwendung.

Die Zukunft bleibt offen. Seien wir bereit, sie zu gestalten!

Buchbesprechung: "Die Konvergenz der Krisen"
Björn Höcke Portrait

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