»Die vergangenen Tage offenbaren, was in unserer Gesellschaft schon lange gärt und brodelt: In unserem Land gibt es viele Menschen, die unsere Art zu leben bekämpfen«, findet die BILD-Zeitung und hat ein Manifest veröffentlicht. Anlaß dazu waren nicht etwa die Gruppenvergewaltigungen und Messermorde, die seit 2015 offenbar zur neuen deutschen Folklore gehören, nicht die »Ehrenmorde« der länger schon hier nicht integriert Lebenden und die Revierkämpfe krimineller Clans in unseren Großstädten. Es mußte erst die offen antisemitische Hetze am Rande der Palästinser-Demonstrationen kommen, damit das bei »Kann man noch mehr für die FDP machen?«-Döpfner, Marion Horn und Robert Schneider angekommen ist. — Dabei ist auch das kein neues Phänomen.
In 50 Punkten hat die BILD zusammengetragen, was die Redakteure für den gesellschaftlichen Konsens halten — oder anders gesagt: für die Leitkultur. Bei einigen Formulierungen scheint es ein bißchen an der Ernsthaftigkeit zu fehlen, aber immerhin: Der Versuch zählt!
Damit die Angesprochenen es auch verstehen, hat die BILD das Manifest dann auch gleich in mehrere Sprachen übersetzt. Man darf gespannt sein, ob jene Menschen, »die das Grundgesetz verachten und stattdessen auf radikale Prediger hören« (Zitat aus dem Text), ihr Al Jazeera-Sattelitenfernsehen ausschalten und sich auf die BILD-Seite verirren. Ob sie sich davon überzeugen lassen, wenn sie hier (zum ersten Mal?) lesen »28. Frauen, die fremdgehen, werden nicht verstoßen und schon gar nicht verprügelt oder gar gesteinigt!« oder »34. Messer gehören bei uns in die Küche und nicht in die Hosentasche.«. Ich bin da eher skeptisch. Und vielleicht hören sie es auch nicht zum ersten Mal, aber es ist ihnen einfach egal — und erst Recht, wenn es die BILD-Zeitung sagt?
Grundsätzlich ist es natürlich gut, wenn endlich eine offene Debatte darüber geführt wird, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen, wen wir dazu einladen und wie wir mit jenen umzugehen gedenken, die unser friedliches Zusammenleben gefährden.