Der große Diplomat

Wir leben in einem Land, in der die derzeit Herrschenden das Volk offenbar als »großen Lümmel« betrachten, den man so gut es geht unter Kontrolle bringen muß und dem man die »demokratische Teilhabe« nur dann zugestehen will, wenn sie der Unterstützung der eigenen politischen Globalagenden dient. Beim Stimmenfang im Wahlkampf, den man noch nicht ganz abschaffen kann, lügt man den Wählern dreist ins Gesicht. Im Volk sind Vertretern der Kartellparteien nur noch selten zu sehen, was sicherlich auch damit zu tun hat, daß immer mehr Menschen vom politischen Theaterdonner jener die Nase gestrichen voll haben und das in der Öffentlichkeit auch immer deutlicher zeigen. Volkstümlichkeit, die sich in Nahbarkeit ausdrückt, findet sich jenseits der wirklichen Opposition praktisch nicht mehr. Das gestörte Verhältnis zwischen Herrschenden und Beherrschten zeigt sich auch darin, daß das Volk keine Gefühlslage der Verehrung für exponierte Politiker des Kartells mehr aufbaut, offenkundig weil deren Verdienst fürs Staatswesen nicht mehr erkannt werden kann.

Julius von Eckardt, ein Weggefährte Otto von Bismarcks, berichtet in seinen Lebenserinnerungen von einer denkwürdigen Begegnung des Fürsten mit der Mutter eines Holzknechts: »Auf einem im vorigen Jahre unternommenen größeren Spaziergange im Sachsenwalde hatte sich der Herr desselben so vollständig verirrt, daß er ermüdet und verdurstet in eine einsam liegende Hütte getreten war, um ein Glas Milch zu erbitten. In dem einzigen größeren Gelaß fand er eine alte Frau (…), die ihr in der Wiege liegendes Enkelkind schaukelte und das Ansuchen des unerwarteten Gastes mit der Frage beantwortete, ob der Herr während ihres Ganges in den Stall das ›Gör‹ schaukeln wolle. Der Fürst übernahm die Mühewaltung, bis die Alte mit dem gewünschten Trunk wiederkehrte. Während Bismarck trank, fragte die Geberin ihn, ob er vielleicht der Herr Oberförster sei. ›Nein‹, erwiderte der Fürst, ›ich bin der Herr selber, der Bismarck.‹ — ›Von dem weiß ich nichts‹, erhielt er zur Antwort, ›aber unseren Herrn Oberförster hätte ich gern einmal gesehen.‹«

Trefflich gibt diese kleine Anekdote aus dem Leben des großen Diplomaten die Bedeutung der Bürgernähe in der Politik wieder. Julius von Eckardt schreibt nichts davon, daß den Fürsten ein Gekränktsein erfaßt habe. Ihm ist vollkommen einleuchtend, wie abstrakt sich die Politik für diese »Waldbewohnerin« darstellen mußte, die Autorität ihrer kleinen Welt war der »Herr Oberförster«.

Jedoch war Bismarck im Umkehrschluß vollkommen bewußt, welche Auswirkungen seine Entscheidungen für das von ihm geliebte Volk haben würden. Für Deutschland wünschte er sich, daß es die Rolle eines »ehrlichen Maklers« in Europa innehaben sollte, berichtet Christoph von Tiedemann aus seiner Arbeit in der Reichskanzlei Bismarcks. Die Hand zur Vermittlung bieten, aber kein Schiedsrichter wie Napoleon III. wollte er sein. Denn, so wußte er, darin hing auch der Friede zwischen den Nationen. Krieg verhindern oder zumindest so lange wie möglich hinauszögern, das sah er als sein Ziel. Schon in der Zeit des Norddeutschen Bundes ließ er – zu einem bewaffneten Krieg gedrängt – verlauten: »Ein solcher Krieg hätte uns wenigstens 30,000 Mann brave Soldaten gekostet, und uns im besten Falle keinen Gewinn gebracht. Wer aber nur ein Mal in das brechende Auge eines sterbenden Kriegers auf dem Schlachtfeld geblickt hat, der besinnt sich, bevor er einen Krieg anfängt.«

Otto von Bismarck wurde wegen seiner politischen Weitsicht verehrt und war nahbar. Heute vor 210 Jahren wurde er in Schönhausen an der Elbe geboren. Herzlichen Glückwunsch, Otto!

 

Björn Höcke Portrait

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