Konsumieren Sie auch zu viel schnelle, flache, digitale Information? Wer seine Konzentrationsfähigkeit erhalten, wer in der Informationsflut nicht ertrinken und wer einen echten Standpunkt aufbauen will, der kommt m.E. am Lesen von niveauvollen Periodika und Büchern weiterhin nicht vorbei. Seit vielen Jahren greife ich gerne zur Kaplaken-Reihe aus dem Verlag Antaios. Man kann diese Reihe auch abonnieren und erhält dann durchschnittlich zweimal im Jahr drei kompakte, robust gestaltete und inhaltsstarke Abhandlungen.
Jetzt sind die Bände 94 bis 96 auf den Markt gekommen. Kaplake 95 entreißt zwei bedeutende Reden von Hugo von Hofmannsthal und Rudolf Borchert, beide gehalten 1927, der Vergessenheit. Und im Band 96 nähert sich Simon Kiessling auf ungewöhnliche Art dem Dauerthema »Antisemitismus«.
An dieser Stelle möchte ich besonders die Kaplake 94 (Geschlecht und Politik) empfehlen. Diese hat Ellen Kositza beigesteuert. Für mich kam sie genau zur rechten Zeit, denn vor kurzem beschäftigten wir uns als Landtagsfraktion im Rahmen einer Klausur mit dem weiblichen Wählerklientel. Kositza gewährt Einblicke in ihre Jugendjahre unter Neurechten als »nicht-dumme Deko« und bekennt: »Man atmet unter Männern einfach freier.« Dies vor allem deswegen, so die Autorin, weil Frauen ihr So-Sein stärker in Frage stellen, über spitzere Ellbogen verfügen und subtiler konkurrieren als Männer, die Konflikte eher externalisieren – also in gewisser Weise berechenbarer sind. Diese Feststellung hindert die Autorin natürlich nicht, manche feine Attacke auf die Schwundstufen des Gegenwartsmannes (»AUFREISSER«, »CUCKS«, »SIMPS» und »SCHARLATANE«) vorzutragen.
Neben viel Psychologie und handfesten Ratschlägen für junge »rechte« Frauen und Männer gibt es auch einen Abriß der Frauenbewegung. Transportierte die Frauenbewegung 1.0 ab Mitte des 19. Jahrhunderts noch völlig berechtigte Forderungen wie Frauenwahlrecht und Frauenstudium, gleitet die Frauenbewegung 3.0, maßgeblich beeinflußt von Judith Butler, mit ihrer Feststellung, daß das Geschlecht keine biologische Realität, sondern eine diskursive Praktik sei, zusehends ins Abseitige. Die Frauenbewegung 3.0 erscheint als ein Gebräu aus Zickenkriegen, Identitätspolitik und Abtreibungsfanatismus. Kositza konstatiert: »Nichts davon ist attraktiv, nicht für Frauen und erst recht nicht für Männer.«
Mit Blick auf die auch von mir bewunderten Stifterfiguren des Naumburger Doms entfaltet die »schöne Rechte« ein komplementäres Geschlechterverhältnis und stellt fest: „Die Frau ist ‚consors‘, Schicksalsgefährtin des Mannes, sie teilt nicht nur sein Leben, sondern sie lebt es mit ihm als ein gemeinsames und unteilbares.«
Noch schöner und tiefer – sowie auch weiblicher und männlicher – wird das Leben mit gemeinsamen Kindern. Deshalb bin ich Ellen Kositza besonders dankbar für die klaren Worte zum Schluß: »Und überhaupt: Kriegt Kinder! Kriegt Kinder gegen alle Widerstände, schüttelt euch das irgendwie zurecht. Unsere Vorfahren haben es immer getan. Nur so bleiben wir vital und greifbar als Volk.«