Alternative Politik – die japanische (Re-) Migrationsstrategie als Vorbild für Deutschland
Als Horst Seehofer 2018 in einem Interview mit der Deutschen Welle die Migration als Mutter aller Probleme bezeichnete, war dies ein Moment der Offenheit, wie sie bei Unionspolitikern in Wahlkampfzeiten manchmal zu beobachten sind. Auch die Bezeichnung »Herrschaft des Unrechts« stammt von Seehofer, der darauf hinweisen wollte, daß die Weigerung Angela Merkels, die illegalen Migranten an der deutschen Grenze zurückweisen zu lassen, gegen die Staatsfundamentalnorm des Art. 20 GG verstieß, welche die Regierung verpflichtet, geltende Gesetze umzusetzen. En passant: Natürlich wurde Seehofer danach nicht wegen rassistischer Äußerungen oder Delegitimierung des Staates in der Kategorie »Rechtsextremismus« im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Auch nicht Merkel, die sich nicht nur verfassungsfeindlich äußerte, sondern die diese tatsächlich mehrfach im Amt der Kanzlerin brach. Recht ist eben da, wo die Macht ist…
Wie dem auch sei: 2015 wurde das beschleunigt, was in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Westdeutschland begann, nämlich das »einzigartige Experiment« (Yascha Mounk), eine monoethnische, monokulturelle Gesellschaft in eine multikulturelle zu transformieren. Hatte Deutschland im Jahr 1950 noch einen Ausländeranteil von einem Prozent (!), weiß unser Staat heute nicht mehr so genau, wie viele Ausländer innerhalb seiner Grenzen leben. Migrationsbedingte Symptome des Staatszerfalls, die sich vor allem in den Sozialversicherungssystemen und den Kriminalstatistiken zeigen, versucht man von Seiten der Experimentatoren dadurch zu kaschieren, daß man mit Turboeinbürgerungen neue Deutsche schafft: Im Jahr 2024 waren es über 200.000 Neubürger. Die größte eingebürgerte Gruppe besteht aus männlichen Syrern, die, nach der neuerlichen Aufweichung des Staatsangehörigkeitsrecht durch die Ampel-Regierung, nun sogar schon nach drei Jahren die Ausweispapiere der Bundesrepublik Deutschland erwerben können.
Bildungsferne, archaische Verhaltensweisen und politische Konflikte über Migration zu importieren, ist für die japanische Führung unvorstellbar. Warum komme ich hier auf das fernöstliche Inselreich zu sprechen? Nun, Japan gilt als das »Preußen Asiens«. Deutsche und Japaner teilen eine gemeinschaftsorientierte Werthaltung und leben ähnliche Sekundärtugenden, wobei ich beim Blick auf die heutigen Deutschen eigentlich in der Vergangenheitsform schreiben müßte. Beide Länder haben zudem eine ähnliche Geschichte:
Deutschland und Japan sind verspätete Industrienationen, beide Länder waren im 2. Weltkrieg verbündet und gehörten zu den Verlierern. Beide Länder sind durch die Amerikaner zu pazifistischen Demokratien westlichen Zuschnitts umerzogen worden und sind international tätige Exportnationen. Japan ist ein weltoffenes Land, aber es wäre niemals auf die Idee gekommen, Weltoffenheit und Toleranz mit Selbstaufgabe zu verwechseln. Dementsprechend wurde in der Einwanderungspolitik, trotz einer ähnlich schlechten demographischen Entwicklung wie in Deutschland, beständig das Identitätsprimat gegenüber dem Wirtschaftsprimat hochgehalten. Was vor allem die Verteidigung des Identitätsprimats Japan an Positivem bewahrt hat, beschrieb Christina zur Nedden vor kurzem in der Welt online. Sie erstellte einen »Bericht aus einem fernen Land, das ist, was Deutschland einmal war – ein diszipliniertes, effizientes, stilles Land.« Wehmut über das verlorene Deutschland springt einen aus fast jeder Zeile Neddens an. Und auch bei der Ursachenforschung für die Auseinanderentwicklung gelangt die Autorin nah an des Pudels Kern, wenn sie ausführt: »Doch während Deutschland zunehmend hadert mit seiner Rolle, wirkt Japans Verhältnis zu sich selbst und zu den USA oft stabiler – auch, weil es bis heute keine historische Schuld anerkennt. Das ist sicher kein Vorbild. Aber es erklärt, warum Japans kollektives Selbstbild weniger fragmentiert wirkt als das deutsche.«
Wenn wir nicht das Identitätsprimat in konkrete Politik umsetzen, wird von Deutschland schon bald nicht viel mehr als der Name übrigbleiben. Jan Moldenhauer, promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Abgeordneter im sachsen-anhaltischen Landtag, kommt das Verdienst zu, die japanische Migrationspolitik als einen über Jahrzehnte erprobten Politikansatz für die AfD und jetzt auch in Buchform für ein breiteres Publikum bekannt gemacht zu haben. Das Rad muß nicht neu erfunden werden. Es braucht nur eine deutsche Regierung, die den Mumm hat, eine 180-Grad-Wende in der Migrationspolitik umzusetzen. Erik Lehnert skizziert in seinem Nachwort das jahrzehntelange Ringen von konservativen Kräften um eine migrationspolitische Positionierung und hebt die Bedeutung der Metapolitik hervor. Ich selbst durfte das Vorwort beisteuern, in dem, mit Blick auf die Bundesrepublik Deutschland, eine jahrzehntelange Transformation beschrieben wird, die nicht »Umvolkung« oder »Großer Austausch« genannt werden darf.
Ich wünsche Jan Moldenhauers Werk eine weite Verbreitung!