Ich spreche mit jedem und höre mir alle Argumente an. Das gilt besonders, wenn ein Begriff die öffentliche Debatte so maßgeblich bestimmt hat, wie aktuell der Titel dieses Buches: »Remigration«.
Die Idee steht im Raum — und ist so wichtig, daß bei der Urteilsbegründung zur Aufhebung des Compact-Verbots ausdrücklich darauf Bezug genommen wurde. Aber hat der Vorsitzende Richter Ingo Kraft das Buch tatsächlich gelesen? Auf mich wirkt es nicht so, wenn er behauptet, der Autor dieses Buches würde Staatsangehörige mit Migrationshintergrund pauschal als »Staatsbürger zweiter Klasse« behandeln. Das kann ich beim Lesen des Buches nirgendwo finden.
Selbstverständlich wird immer der Einzelfall betrachtet. Und zur Realität gehört auch, daß hier Menschen leben, die gar keine Deutschen sein wollen, unsere Werte ablehnen und mit einer doppelten Staatsbürgerschaft nicht selten zum Ausdruck bringen, daß ihre Loyalität nicht ungeteilt ist bzw. einem anderen Staat gilt. Ganz abgesehen von jenen, die hier illegal eingereist sind, Behörden über ihre wahre Identität betrügen und trotzdem geduldet werden. Wer das Buch gelesen hat, wird feststellen, daß die hier vorgestellten Konzepte zur Wiederherstellung des gesellschaftlichen Friedens nicht einmal so weit gehen, wie Forderungen, die man im Wahlkampf beispielsweise von Friedrich Merz hörte.
Das Bundesverwaltungsgericht wollte mit dieser Unterstellung offenbar eine Grundsatzentscheidung treffen, die den öffentlichen Diskurs einschränkt. Vor allem trägt die ausdrückliche namentliche Erwähnung des Autors dazu bei, ihn zum Unberührbaren zu erklären — und hier muß ich einmal eine persönliche Lanze für ihn brechen: Ich kenne kaum einen Menschen, dem im politischen Diskurs ein so himmelschreiendes Unrecht widerfährt, wie ihm. Man behandelt ihn wie einen Terroristen. Dabei ist er nicht nur in seinem ganzen Wesen zutiefst friedfertig, er nutzt seinen Einfluß auf junge Menschen auch dazu, immer den legalen und gewaltfreien Weg vorzuleben.
Er bewahrt sich sein sonniges Gemüt, obwohl er in keinem europäischen Land ein Konto eröffnen kann und über ihn Reiseeinschränkungen und Stadtbetretungsverbote verhängt werden. Er bleibt immer höflich und respektvoll, auch gegenüber Beamten, die diese fragwürdigen Zwangsmaßnahmen vollstrecken, denn er hat Verständnis für ihre Situation. Seine Waffe ist sein Scharfsinn und sein Humor — allein deshalb macht es einfach Spaß, seine Bücher zu lesen und mitzuverfolgen, wie dieser Till Eulenspiegel einer aggressiven Obrigkeit den Spiegel vorhält. Es ist eine Frage des Anstands, daß wir ihm dabei nicht in den Rücken fallen, auch nicht aus Angst, daß die Repression, die er erlebt, auf uns übertragen werden könnte.
Und gerade nicht aus vermeintlich »taktischen« Gründen: Denn er hält für uns seinen Kopf hin. Fällt er, sind die nächsten an der Reihe. FPÖ-Chef Herbert Kickl hat das verstanden: Wer sich distanziert, verliert. Um keine Fahne im Wind der Tagespolitik zu sein, muß man mündig werden. Dazu muß man sich ein eigenes Urteil bilden und leisten. Das setzt aber voraus, daß man nicht die Schmähartikel über ihn liest, sondern das, was er uns selbst zu sagen hat.