Vertreten durch eine Rechtsanwältin, die selbst Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes war, wendet sich ein Ex-Agent an die Öffentlichkeit. Die zunehmende politische Instrumentalisierung der Behörde bereitet ihm Sorge: Weil der Verfassungsschutz es »mit ernstzunehmenden Gegnern wie wirklich gewaltbereiten Links- oder Rechtsterroristen oder radikalen und teils kriegserfahrenen Islamisten nicht aufnehmen kann, kümmert er sich zunehmend um Leute, die eigentlich gar kein Fall für den Verfassungsschutz sind. Und in der Vergangenheit auch nicht waren.« Auch die Verstrickungen innerhalb der Altparteien mit zum Teil gewaltbereiten Extremisten ist ein Tabu: »Informationen mit Bezug auf extremistische Tendenzen oder Entwicklungen, auf radikale Strömungen innerhalb etablierter Parteien. Die möchte man nicht sehen und nicht hören.« Obwohl die Verbindungen offenkundig sind, traue sich der Dienst nicht an dieses Thema heran. Denn natürlich ist die Behörde politisch weisungsgebunden: »In der Realität ist es aber nun mal so, dass diese Behörde eine Behörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums ist«.
Stattdessen werden Regierungskritiker mit immer neuen Verdachtskonstruktionen ins Visier genommen. Die neue Kategorie der »verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates« ist solch ein neues Stigma. Doch letztlich delegitimiert sich die Behörde, die ja dem Namen nach die Verfassung schützen soll, dadurch selbst: Die größte Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung geht schließlich immer von einer Regierung aus – eine kleine Randgruppe hat ja keinen Einfluß und auch eine starke Oppositionspartei kann die Staatsorgane nicht kontrollieren. Wenn aber die Demokratiefeinde selbst in der Regierung zu finden sind, wird es gefährlich. Doch genau hier setzt der Verfassungsschutz aus. Damit macht sich diese Behörde selbst überflüssig.