90 Sekunden bis zum Weltkrieg

»Vor uns könnte ein Weg kontinuierlichen Fortschritts und des friedlichen Zusammenlebens der Völker liegen. Wählen wir stattdessen nur deshalb die Vernichtung der Menschheit, weil wir unsere ideologischen Meinungsverschiedenheiten nicht bewältigen können?«
– RUSSELL-EINSTEIN-MANIFEST (1955).

90 Sekunden bis Mitternacht: Die sogenannte »Doomsday Clock«, eine symbolische Atomkriegsuhr, wurde in diesem Jahr von den zuständigen Experten auf diesen beängstigenden Wert festgelegt. Zum Vergleich: 1991, als die Welt den Albtraum des Kalten Krieges hinter sich gelassen glaubte, stand sie bei 17 Minuten. In diese erschreckende Prognose fügt sich die Meldung von der »führenden strategischen Rolle«, welche Deutschland nun in der NATO zu übernehmen gedenke, nahtlos ein. Die NATO, so verkündet die »Bild« begeistert, stünde fest an der Seite Berlins. Katharina Dröge, Fraktionschefin der Grünen im deutschen Bundestag, begrüßt die »notwendige Abschreckung gegenüber Putin« und das »Sicherheitsversprechen«, welches Europa und Deutschland damit gegeben würde. In ihrem naiven Stolz über die scheinbare Auszeichnung durch die NATO vergißt die Bundesregierung jedoch eines: Schon im »Kalten Krieg« saß Deutschland durch seine geostrategische Lage mitten auf dem Präsentierteller. Das klassische Szenario eines direkten nuklearen Schlagabtauschs zwischen den USA und der Sowjetunion war spätestens seit den Achtzigern durch eine Strategie des »horizontalen Krieges« ausgetauscht worden: Europa – und vor allem Deutschland – waren darin als »Pufferzone« eingeplant, mithin als Verhandlungsmasse in einer weltweiten Krise. »Die führende Rolle Deutschlands« bestünde folglich darin, bei einem möglichen globalen Krieg in der ersten Reihe zu sitzen.

Denn zum ersten Mal seit Beendigung des »Kalten Krieges« sollen nun ab 2026 auf deutschem Boden wieder amerikanische Mittelstreckenraketen stationiert werden. Die Marschflugkörper vom Typ »Tomahawk« verfügen über eine Reichweite von 2500 km und können ihre zerstörerische Nutzlast somit bis nach Moskau tragen – mit sechsfacher Schallgeschwindigkeit. Zunächst werden sie mit konventionellen Sprengköpfen ausgestattet, können aber auch mit atomarer Munition bestückt werden. Unwahrscheinlich ist das nicht: Auch wenn weder die USA noch die Bundesregierung es offiziell bestätigen, existieren auf deutschem Boden noch immer amerikanische Atomwaffen als Teil der »nuklearen Abschreckungsstrategie« der NATO. So etwa auf dem rheinland-pfälzischen Fliegerhorst Büchel. Wie die »Welt« 2020 berichtete, wurden diese zwanzig Wasserstoffbomben vom Typ B 61 2019 kurzfristig in die USA gebracht, um ihnen eine neue Lenkwaffen-Software aufzuspielen.

Die verantwortungslose Begeisterung der Ampelregierung für die Stationierung neuer Waffensysteme in Deutschland ist also kein »Sicherheitsversprechen« für unser Land, sondern läutet eine neue Eskalationsspirale im internationalen Wettrüsten ein. Dabei war spätestens seit den achtziger Jahren für jedermann ersichtlich, daß der Sieg in einem globalen Krieg nur größenwahnsinniges Wunschdenken darstellt. »Im nächsten Krieg werden die Überlebenden die Toten beneiden«, sagte schon Nikita Chrustschow in den Sechzigern, freilich, ohne selbst das Wettrüsten zu beenden. Auch der amerikanische Präsident Ronald Reagan, bekannt als Hardliner im Kampf gegen das »Reich des Bösen«, schwenkte erst zum Pazifismus um, als ihn die Rüstungsausgaben der USA Wählerstimmen zu kosten begannen: Rigide Einsparungen im Gesundheits- und Sozialwesen, die eine weitere Aufrüstung ermöglichen sollten, erschütterten die amerikanische Gesellschaft. Ein Szenario, das uns in Deutschland seit Beginn der Ukraine-Krise nur zu bekannt ist: Statt sich um marode Straßen, zerfallende Schulgebäude oder das chronisch am Rande der Überlastung stehende Pflegewesen zu kümmern, investieren unsere Verantwortlichen unbeirrt in den Krieg.

Die Vorläufer der heutigen Grünen, die »alternative Liste« trugen die Friedensbewegung der Achtzigerjahre wesentlich mit. Mit der zweiten Phase des »NATO-Doppelbeschlusses« sollten damals in Deutschland »Cruise-Missiles« stationiert werden, weil der Warschauer Pakt die Anzahl der eigenen mobilen Langstreckenraketen erhöht hatte. Experten für Geopolitik, aber auch zahlreiche Dokumentationen und Spielfilme hielten uns vor Augen, was ein atomarer Krieg für die Welt bedeuten würde: Den Tod von Milliarden Menschen und den Rückfall der wenigen Überlebenden in eine zivilisatorische Steinzeit. Denn das »Gleichgewicht des Schreckens«, das den Frieden sichern sollte, erwies sich nur zu oft als fragil: Am 26. September 1983 interpretierte das russische Satelliten-Frühwarnsystem eine Wolkenfront über einer amerikanischen Raketenbasis in Montana als Abschuß einer Langstreckenwaffe. Dem diensthabenden Offizier Stanislaw Petrow blieb nur eine Viertelstunde, um seine Vorgesetzten zu überzeugen, daß es sich um einen Fehlalarm handelte, ein Einzelabschuß als militärische Offensive erschien ihm als zu unwahrscheinlich. Durch seine Gehorsamsverweigerung bewahrte Petrow die Welt vor der Auslöschung [5]. Ob den heutigen Grünen bewußt ist, wie nahe wir wieder am Rande eines solchen Vernichtungskrieges stehen? Reiste einer ihrer politischen Vorfahren mit einer Zeitmaschine in die Gegenwart, könnte er über den verantwortungslosen Kriegsjubel seiner Parteigenossen wohl nur entsetzt den Kopf schütteln.

 

Björn Höcke Portrait

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